Hallo, ich bin Anja und ich bin laktose- und fructoseintolerant. Klingt ein bisschen wie in einer Selbsthilfegruppe. Die anonymen Intoleranten. Als ich damals die Diagnose Fructose- und Laktoseintoleranz erhalten habe, brach für mich eine kleine Welt zusammen. Ich war schon immer eher Team Kuchen als Team Stulle und zog Obst immer Gemüse vor. Mein liebster Salat war Obstsalat. Milch- und Joghurtschokolade immer vor Zartbitterschokolade. Und Honig und Marmelade immer vor Schinken. Tja, und dann hat mein Körper plötzlich rebelliert und ich musste lernen umzudenken. Im Nachhinein betrachtet, war das jedoch schon irgendwie ein glücklicher Zufall.
Und plötzlich ging gar nichts mehr
Gefühlt haben mich meine Verdauungsbeschwerden von einem Tag auf den anderen getroffen. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, ging es schon viel früher los. Ich hab es nur nicht Ernst genommen. Als der große Knall kam, ging nichts mehr. Ich konnte keine normal großen Mengen mehr essen. Bei jeder Mahlzeit rumorte mein Bauch. Ich hielt immer Ausschau nach der nächsten Toilette. Deshalb wurde ich im ersten Schritt zu einer Magenspiegelung geschickt. Nachdem diese unauffällig war, wurde ich mit ein paar Tropfen und den Worten “Da ist nichts” wieder nach Hause geschickt. Aber da war was. Denn es ging mir weiterhin nicht sonderlich besser.
In meinem Umfeld gab es damals so gut wie keine Fälle von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, sodass mir das auch überhaupt nicht in den Sinn kam. Außerdem hatte ich nicht das Gefühl, dass ein Muster erkennbar war, nach welchen Lebensmitteln diese Beschwerden auftraten. Und so aß ich weniger, nahm immer mehr ab und wurde immer unsicherer.
Die komplette Überforderung
Nach einigen Monaten wurde ich dann zur Darmspiegelung und zum Intoleranzen-Atemtest geschickt.
Zuerst schlug der Laktose-Atemtest an. Kaum zu glauben bei meinem damaligen, regelmäßigen Konsum von Quark, Joghurt und Milchschokolade, nach denen ich eigentlich nicht das Gefühl hatte, es würde mir schlecht gehen. Dann war der Fructosetest dran. Auch positiv. Laktose zu meiden bzw. zu ersetzen schien mir keine unüberwindbare Hürde. Aber Fructose?! Kein Obst? Kein Obstsalat? Wo ist denn noch überall Fructose drin? Mir gingen einige Fragen durch den Kopf. Die Arzthelferin gab mir vier ausgedruckte Blätter mit einer Tabelle wie viel Glucose und Fructose in welchen Nahrungsmitteln steckt und sagte, ich solle mal drauf achten. Einfach keine Nahrungsmittel mehr mit viel Fructose essen. Ich schaute mir die Tabelle an. Was ist denn überhaupt viel Fructose? Und was hat Glucose damit zu tun? Ich war völlig überfragt. Und die Arzthelferin scheinbar auch.
Nach meiner intensiven Google-Recherche, entschied ich mich dafür, erstmal alle Systeme runter zufahren und eine Karenzzeit einzulegen. Danach wollte ich mich Stück für Stück wieder an die verschiedenen Nahrungsmittel rantasten. Dabei haben mir auch viele Foren und Blogs geholfen.
Nachdem mein Umfeld nun mehr als überfordert mit der Situation war (was kann das Kind denn überhaupt noch essen?!), lags an mir, einen Plan aufzustellen und erstmal jedes nicht von mir gekochte Essen auf seine Bestandteile zu untersuchen. Ja, damit treibe ich heute noch Leute in den Wahnsinn. Aber was will man machen.
Angepasste Ernährung muss nicht langweilig sein
Sobald ich mit Menschen über meine Unverträglichkeiten spreche, höre ich sehr oft den Satz “Und was kannst du dann noch essen?!”. Ja, ich muss zugeben, im ersten Moment erscheint es so gut wie unmöglich, sich damit “vernünftig” zu ernähren. Sicherlich macht es einige Sachen komplizierter (alle Menschen mit einer oder mehreren Intoleranzen, die jemals in einem Restaurant essen gehen wollten, werden das sicher nachvollziehen können) aber es macht auch einiges spannender. Man fängt an, mehr selbst zu kochen oder zu backen und greift nicht auf Fertiggerichte zurück. Und tschüss ihr vielen Zusatzstoffe! Unglaublich, wie viele Produkte man sehr schnell selbst herstellen kann.
So habe ich gelernt, mich mit den verschiedenen Nahrungsmitteln auseinander zu setzen, habe gelernt, kreativer zu kochen und Rezepte für mich anzupassen und habe unglaublich viel über Zucker und vor allem Fructose gelernt. Ich muss zugeben, dass mich viele fructosearme Rezepte bei meiner anfänglichen Recherche nicht wirklich vom Hocker gerissen haben. Ich war dankbar, Anhaltspunkte und Rezepte zu bekommen, aber so richtig geil waren sie oft nicht. Entweder sie waren eintönig oder die Rezeptbilder haben mich nicht überzeugt, es überhaupt erstmal auszuprobieren.
Doch eine angepasste Ernährung muss überhaupt nicht langweilig oder fad sein. Deshalb habe ich damals meinen Foodblog “Sugarfree Naturally” gestartet, aus dem nun HOL.EAT geworden ist. Ich wollte fructoseinterolanten Menschen ein paar neue Rezeptideen mit auf den Weg geben. Und ihrem Umfeld sowie auch gesunden Menschen zeigen, wie lecker und abwechslungsreich die Ernährung mit gesunden, frischen Lebensmitteln und ohne Unmengen von Zucker und Fructose sein kann. Mir war es immer wichtig zu zeigen, dass man zusammen lecker essen kann. Egal, ob mit Nahrungsmittelintoleranz oder ohne. Meine Rezepte sollten allen schmecken und nicht immer die “Extrawurst” sein. Das war und ist mein Anspruch. Und dann hört man auch schnell sehr überrascht den Satz “Das kannst du essen?! Das schmeckt ja”. Ja, das kann ich essen und ja, das schmeckt.
Geht da nicht noch mehr?
In meiner ersten großen Google-Recherche direkt nach meiner Diagnose hatte ich nur zwei Fragen. Was kann ich essen? Und geht das wieder weg? Das sind auch die beiden häufigsten Fragen, die mir in den letzten Jahren gestellt wurden, wenn ich von meiner Fructose- und Laktoseintoleranz erzähle. Das Problem mit den Rezepten hatte ich irgendwann für mich gelöst. Aber die Frage, woher das kam und ob das jemals wieder weg ging, nicht.
Überall las ich davon, dass man jetzt damit leben müsse. Ganz nach dem Motto: “Das ist jetzt halt so“. Doch wenn ich das plötzlich bekam, muss ich doch auch was dagegen tun können, dachte ich. Und so tauchte ich ab in die Tiefen des Körpers und der Darmgesundheit. Ich machte eine Ausbildung zur zertifizierten Fachkompetenz für holistische Gesundheit, ich las Buch um Buch und nahm an Weiterbildungen teil.
Und ich kann dir sagen: Es kann besser werden. Und es hängt nicht ausschließlich von den Lebensmitteln ab, die man isst. Mein Wissen teile ich heute auf meinem Blog, meinem Instagram-Kanal und vor allem in meinen Coachings. Weil ich weiß, wie einschränkend das Leben mit Unverträglichkeiten, Reizdarm oder anderen Verdauungsbeschwerden sein kann und wie alleingelassen man sich fühlt. Ich bin durch all das durchgegangen und möchte deshalb umso mehr Menschen helfen, wieder ein beschwerdefreies Leben zu führen.